Deutsche im Ausland - von der Zerfleischung

Ich ärgere mich immer noch über einen Kommentar eines Gastes hier im Blog. Der meinte doch tatsächlich, es wäre typisch deutsch, dass sich Deutsche im Ausland zerfleischen würden. Warum ich jetzt jemanden zerfleische, weil ich es wenig lustig finde, wenn jemand Bilder von meinem Blog klaut, um sie dann in seinem Printmagazin zu veröffentlichen, weiß ich zwar nicht, aber die Grundhaltung dahinter finde ich interessant. Buschtrommel Beitrag mit dem entsprechendem Kommentar
Warum soll ich, nur weil ich Deutsche im Ausland bin automatisch mit jedem lieb Kind sein, nur weil der auch Ausgewandert ist? Mehr als das ich und dieser Mensch ausgewandert sind, haben wir doch gar nicht gemeinsam. Vielleicht ist er CSU-Wähler? Nicht, dass ich die per se ablehne, aber vielleicht mag er keine Hunde? Vielleicht ist es auch einer von den Typen Auswanderern, die schon in Deutschland nichts auf die Reihe bekommen haben und diese nicht auf die Reihe bekommen im Ausland munter weiterführen? Ich konnte in Deutschland schon Menschen nicht leiden, die nix auf die Reihe bekommen und um 14 Uhr jeden Tag schon mit dem ersten, zweiten, dritten Bier in der Flosse rumlaufen. Warum soll ich die jetzt hier mögen, nur weil sie deutsch sprechen????
Folgende Typen von Auswanderern habe ich schon kennen gelernt:
Rentner. Die brauchen sich natürlich keine Sorgen über ihr Einkommen machen und können relativ relaxt leben. Es gibt hier zwei Sorten von. Die einen, die kommen gut klar, lernen ein wenig spanisch, gehen auf alles Mögliche offen zu und sind im großen und ganzen sympathisch. Dann gibt es aber noch eine zweite Gruppe, genau wie in Deutschland auch. Die, die sich langweilen, tagsüber immer öfter schon beim Frühschoppen anzutreffen sind und die irgendwann unter Vereinsamung leiden werden. Meist findet man in dieser Gruppe auch einige unsympathische Menschen.
Auswanderer mit einem Ziel und meist auch ein wenig Startkapital. Können Einzeln, in Gruppen oder als Familien auftreten. Meist auch recht sympathisch.. Allerdings hat man von denen irgendwann nur noch recht wenig, da sie ja arbeiten müssen und dabei sind sich eine Existenz aufzubauen. Die meisten schaffen es, aber längst nicht alle.
Auswanderer ohne Ziel. Treffen ebenfalls Einzeln, in Gruppen oder bedauernswerter Weise in Familienverbund auf. Da war das Ziel einfach nur Weg aus Deutschland, ab in den sonnigen Süden. Das mit der Arbeit wurde häufig verkalkuliert. Auch das hier Mieten sehr teuer, Lebensunterhalt nicht viel günstiger und dafür aber die Gehälter im Keller sind, wurde irgendwie nicht bedacht.
Grob kann man Auswanderer auch in zwei Gruppen unterteilen:
Spanisch lernende und sich dem Spanischen widersetzenden. Man kann mit etwas Glück ohne Probleme hier ohne ein Wort Spanisch zu können überleben. Man muss nur in der deutschen Kolonie Fuß fassen. Ich war mal im deutschen Supermarkt, die Bedienung konnte überhaupt kein Spanisch, noch nicht mal die Zahlen. Braucht sie ja nicht. Für Behördengänge nimmt sie sich einen Übersetzter mit. Und arbeiten und wohnen erledigt sie im deutschen Umfeld. Das ist dann leben wie in Deutschland nur mit besserem Wetter. Hier findet man natürlich auch den einen oder anderen Rentner. Allerdings gibt es auch genügend, die zur Gruppe zwei zählen.
Die zweite Gruppe sind die, die Anschluss bei den Einheimischen finden wollen. Die auch mal an der Fleischtheke einkaufen wollen und nicht nur das abgepackte Fleisch einkaufen. Die sich unterhalten wollen. Die spanischen Nachrichten verstehen wollen etc. Wir streben an, zur zweiten Gruppe zu gehören, auch wenn es mit dem Spanischen noch etwas humpelt. Und wir natürlich einiges vermissen. Und ich zumindest kein Weißbrot mehr sehen kann. (Aber dafür gibt es ja dann zum Glück den deutschen Bäcker an der Playa).
Auswanderer gibt es in vielen Schattierungen, das war jetzt nur grob umrissen. Und eigentlich kann man noch mal zwei teilen: In Auswanderer, die es schaffen und die, die es aus welchen Gründen auch immer nicht schaffen. Aber auch hier muss man es differenziert sehen, nicht jeder, der nach einem halben Jahr oder dreien wieder geht, hat es nicht geschafft. Bei dem einen wurde die Oma in Deutschland vielleicht krank, der andere hat unterschätzt, wie sehr die Familie oder Freunde fehlen.
Es gibt dicke, dünne, kleine, große Auswanderer, auch hier auf Gran Canaria. Und eben auch Sympathische und Unsympathische. Warum muss ich aber, nur weil wir die gleiche Nationalität haben und im gleichen Land gelandet sind, diese nun per se nett finden? In Deutschland fand ich auch nicht alle Menschen nett und habe für mich sortiert.
Interessant finde ich übrigens, dass es unter Deutschen im Ausland, jedenfalls hier auf Gran Canaria, wir wollen ja nicht verallgemeinern, einen Hang zum Du-Sagen gibt. Als wenn man durch das Schicksal Auswanderung automatisch einer Gruppierung beigetreten sei, bei der das so üblich ist.
Also zurück zur Frage: Warum soll ich mich einer Gruppe zwangsweise anschließen und auf Kuschelverbund machen. Warum ist, wenn man das nicht macht, es gleich typisch deutsch und eine Zerfleischung? Ist es wirklich typisch deutsch, wenn man sich aufregt, wenn man beklaut wird und seien es auch nur Bilder?